Plant man als Sozialliberaler mit anderen, in der Eigenbezeichnung „echten“, Liberalen zu diskutieren, kommt man um den Begriff des „Bindestrichliberalismus“ nur selten herum. Man sei lediglich eine Abspaltung von der reinen Kunst des „echten“ Liberalismus.
Das kann ohne Wertung geschehen, oder, was beliebter ist, als Vorwurf der Spaltung einer Bewegung, die in Deutschland eh schon einen eher schwierigen Stand hat. Hier liegt nun der Übergang von einer einfachen rhetorischen Spitze zu Geschichtsklitterung, denn es ist in Wirklichkeit andersherum: Die meisten, die sich heute Sozialliberal nennen und das dabei nicht mit progressivem Sozialismus verwechseln, wären eigentlich herzlich gerne nur „Liberal“. Leider wurde dieser Begriff jedem, der einen sozialverträglichen, ergo ganzheitlichen, Liberalismus vertritt und damit an die Öffentlichkeit gehen will, von den „echten Liberalen“ gewaltsam entrissen.
Liberal heißt heute für die allermeisten Deutschen nur noch Wirtschaftsliberal. Die Assoziationen sind Lobbyismus, emotionale Kälte und Freiheit für Besserverdiener. Dem wird sich jemand, der diese Verbindungen weder verantwortet noch befürwortet hat, doch nicht ohne Not entgegenstellen wollen. Was gewinnt der ganzheitlich Liberale denn, wenn er den von anderen verbrannten Begriff des Liberalismus aus seiner muffigen Mövenpickgruft hebt? Er schadet sich selbst, was, ohne eine Absicht unterstellen zu wollen, den im Bundestag vertretenden Liberalpuristen eigentlich nur recht sein könnte.
Der Aufruf an alle, die sich über spaltende „Bindestrichliberale“ echauffieren lautet also: Repariert erstmal das Ansehen des Begriffes, den ihr unnatürlich verengt habt. Dann reden wir vielleicht darüber, den ein oder anderen Bindestrich zu streichen. Bis dahin gehe ich so weit zu sagen: Sozialliberal ist das neue Liberal.